Fick dich ins Knie!

Mein Captain (so werde ich hier meinen Geliebten, meinen Gefährten nennen) und ich waren auf eine Feier eingeladen. Ich freute mich sehr darauf. Es sollten Akademiker kommen, Intellektuelle, auch zwei Künstler. Ich freute mich riesig auf die Gespräche. 

Ich habe nicht studiert, leider. Ich hätte es gerne, doch es ging nicht. Meine Kindheit und Jugend war zu wüst, zu gewalttätig und lieblos, als das es mir einen vernünftigen Start ins eigenständige Leben ermöglicht hätte. Doch davon soll dieses Blog nicht handeln. Ich will über das Jetzt berichten, doch ab und an kann es, sollte es dem Verständnis dienen, einen Ausflug in die Vergangenheit geben.

Diese Feier entwickelte sich leider so, wie die meisten anderen auch. Die Frauen unterhielten sich, obwohl sie in einem Alter waren, in dem man von einer entwickelten Persönlichkeit und entwickelten Interessen ausgehen konnte - gerade bei Akademikerinnen -  über das Übliche. 

Die Männer verzogen sich in eine Ecke und quatschten über Whiskey, über Single Malt. Sie übertrafen sich, oder versuchten es zumindest, mit der Nennung der seltensten Whiskey-Marken. Es klang wie die intellektuelle Version von dem uralten Spiel „wer hat den Längsten?“ Boring, boring, boring.


Die Themen der Frauen waren kaum besser. Kochen, Rezepte, Bücher. Zwar sind Bücher etwas für mich, doch es wurde eher Trivial-Literatur besprochen. Aktuelle „Frauen-Bestseller“ und irgendwelche Ratgeber. Das interessiert mich überhaupt nicht. Als Nichtakademikerin passte ich nicht in diesen erlesenen Zirkel, die Themen auf der Fete interessierten mich nicht, also blieb ich meist stumm. Optisch inkompatibel, an der Fete, so wie sie sich entwickelte, äußerst mäßig interessiert,  blieb ich fast immer allein. Ich passte schon vom Aussehen und meiner Kleidung nicht zum Standard. Ich trug gestern eine hautenge Jeans, hohe Stiefel ohne Absätze, und ein schlichtes Shirt, Geschminkt war ich nur mit Wimperntusche und etwas Rougepuder, da ich sehr blass bin. 

Ich genieße das Alleinsein sehr oft. Ich brauche es zum Nachdenken. Ich ging also auf dieser Fete hin und her, beobachtete alles und machte mir so meine Gedanken. Bis sich irgendwann eine Frau befleißigt fühlte, mich zu integrieren. Mein Gott, Integration von Jemandem, der nicht an dem, was geschieht, interessiert ist, kann etwas unglaublich Brutales sein. Diese Frau kam also zielstrebig auf mich zu. Eine Matrone von Frau. Vielleicht weckte ich ihre mütterlichen Instinkte. Sie war mit Sicherheit jünger als ich, doch durch ihren körperlichen Zustand wirkte sie älter. Sie hatte einen gewaltigen Bauch, auf dem ihre Brüste komfortabel lagen. Sie schaute mich an, jedoch nicht direkt, so als würde sie eine Person hinter mir fixieren. „Und was machst du sonst so?“ fragte sie. Das ist die schlimmste aller möglichen „Partyfragen“. Und was machst du sonst so!  Nun war es passiert. Kaum dass das Gespräch in Gang kam, lag es auch schon wie ein  toter Gaul zwischen uns. Wiederbelebung war zwecklos, weder ich noch sie waren eigentlich an wiederbelebenden Maßnahmen interessiert. Dieses Gespräch war von Anfang an ein Verkehrsunfall. Trotzdem schaute mich diese Frau auf einmal direkt an. Sie erwartete tatsächlich eine Antwort. Was sollte ich nur sagen? Mein Beruf ist nichts außergewöhnliches, dafür braucht man keine intellektuellen Fähigkeiten. Also erzählte ich, was ich sonst so mache. Doch der Blick der Frau schweifte ab, es langweilte sie was ich sagte.
Nun verspürte ich Lust sie zu schlagen. Ich wollte sie mit der flachen Hand vor die Brust stoßen, so dass sie nach hinten kippt. Bestimmt würde sie, bei dem Körpergewicht, wie ein Käfer hilflos auf dem Rücken liegen bleiben und mit den Beinen zappeln. Der Gedanke amüsierte mich. Ich wollte ihr sagen: „Du Schlampe, warum fragst du mich so etwas, wenn ich dich gar nicht interessiere. Fick dich ins Knie!“ Das hätte der Fete bestimmt die nötige Würze verliehen. Doch das sagte ich natürlich nicht, denn ich verabscheue Gewalt. Stattdessen sagte ich etwas anderes, ich versuchte mich – etwas hilflos – in Smalltalk. Es war vergeblich, kein richtiges Gespräch kam zustande, wir langweilten uns beide, jede desinteressiert an der anderen.
Nun begab ich mich zu den Männern, zu den Künstlern. Bestimmt ist es hier anregender, dachte ich. Ich bin auch Künstlerin, jedoch nicht hauptberuflich, eher brotlos. Ha, Künstler, das waren eigentlich keine Künstler, das waren streng genommen Kunsthandwerker. Oh ja, sie verstanden ihr Handwerk, doch ihre Werke waren ebenso langweilig wie die Whiskeygespräche zu Anfang. Hundeportraits und andere Gefälligkeiten produzierten diese Herren. Das ist nichts, was mich in irgendeiner Weise berührt. So etwas interessiert mich nicht, es langweilt mich, also male ich es nicht. Gehe ich in mein Atelier, um Kunst zu machen, ist das eine ganz emotionale Geschichte. Zuerst entsteht mein Kunstwerk im Kopf, manchmal wälze ich die Idee mehrere Wochen hin und her. Ich gestalte es in Gedanken aus, verwerfe es, mache es neu. Ist es fertig, gehe ich in die Scheune und oft höre ich zur Einstimmung vorher Musik. Ich höre eine bestimmte Musik sehr, sehr laut, damit der Kopf mit allem, was darin ist, komplett freigespült wird. Ich höre meist von The Who „Wont´t Get Fooled Again“. Ich mache es so laut, bis der Boden bebt. Ich gebe mich ganz der Musik hin. Der Alltag verlässt mich, ich werde frei. Nun bin ich bereit. Aufgewühlt und energiegeladen kann ich dann beginnen, ich steigere mich in einen Rauschzustand, einen Flow. Alles fließt, ich fließe, es fließt durch mich durch; es ist besser, als Sex jemals sein könnte. Ich male nichts Schönes, ich male nur, was mich interessiert und beschäftigt. Das sind böse Dinge, gemeine Dinge. Es ist die dunkle Seite in uns. Ich habe sie erlebt, ich habe viel Dunkles in meinem Leben erlebt. Doch seht her, es macht mir keine Angst, denn ich kann es zeigen. Ich will es zeigen und das ist Kunst. Nicht die netten Gänseblümchen am Wegesrand sind Kunst, das aufzeigen des Abgründigen ist für mich Kunst. Ich kann es nicht von mir trennen, ich habe als Kind zu viel davon gesehen und erlebt. Deshalb zeige ich es, deshalb mache ich Dinge, die viele nicht verstehen. „Wie kann man nur als Frau so etwas…“ habe ich schon oft gehört.

Ich machte eine Installation mit einem auf einen Scheiterhaufen aufgespießten und blutüberströmten Baby. Das hört sich zwar brutal an, doch ich will damit etwas zeigen. Der Schock soll bei den Menschen etwas auslösen, sie sollen anfangen, nachzudenken.

Egal, die Männer auf der Fete waren genau so langweilig wie die Frauen, es gab keine Rettung. Mein Captain amüsierte sich gut, er ist ganz anders gestrickt als ich. Er entspricht auch viel mehr dem Rollenbild, das viele von einem Mann haben. Auf Feten hat er viel Spaß, die Frauen mögen ihn, Smalltalk geht ihm leicht von den Lippen. Es ist schön zu sehen, wie er sich amüsiert. 

Als wir nachts nach Hause kamen, und zusammen im Bett lagen, kuschelte ich mich an ihn. Gib mir Trost, oh Captain, dachte ich nur. Er lag an meiner Seite, strich mir über den Bauch. Ich schnurrte. Dann streichelte er meine Brüste. Ich weiß, wie gut sie ihm gefallen, daher streckte ich sie ihm entgegen. Das war das Signal für ihn, sofort überkam ihn die Lust, er wurde ganz hart. Langsam drang er in mich ein, ganz langsam, so wie ich es gerne mag. Er spießte mich auf mit seiner Lust und Gier. „Das Leben ist schön“, dachte ich nur.
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2 Kommentare:

ulf_der_freak said...

Das kommt mir irgendwie in weiten Teilen verdammt bekannt vor.

Wobei ich mittlerweile auf Feten meist verzichte, da sie mich und meine Liebste mehr stressen als unterhalten. Zur Not halte ich mir die Leute vom Hals, indem ich meinen "irren Blick" aufsetze oder ich laber die Leute zur Strafe für besonders blöde Fragen mit meinen Krankheiten voll. :-D

Ich said...

Vielen Dank

Der "irre Blick" gefällt mir sehr, dafür küsse ich Dich virtuell.

Bitte drücke deine Liebste ganz tüchtig!

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