Tod und Leben

Der Bruder des Captains ist sehr krank, er wird bald sterben. Die Ärzte diagnostizierten einen bösartigen Hirntumor – inoperabel, er ist zu groß und beidseitig und er wächst schnell. Daher resultierte die lange Schreibpause.

Eigentlich haben die beiden Brüder nicht mehr viel miteinander zu tun, doch die Krankheit des Bruders nimmt den Captain sehr mit. Die Charaktere der beiden Brüder gehen diametral auseinander: Einerseits der empathielose Egoist,  andererseits der mitfühlende und verantwortungsbewusste Captain. 

Der egoistische Bruder hat, ich bin geneigt, es unverdient zu nennen, Glück: Seine Frau, die sich schon vor einiger Zeit von ihm getrennt hat, eilte an sein Krankenlager und pflegt ihn jetzt. Eine solche menschliche Größe ist selten.  Ich weiß nicht, ob ich so etwas könnte, nach einer Beziehung voller Gleichgültigkeit, Ignoranz und Lieblosigkeit, nach anschließender Trennung den Mann zu pflegen, der dafür verantwortlich ist. 

Der Captain fährt jetzt oft zu seinem Bruder, ich war auch schon dabei. Es erschütterte mich, diesen kranken Mann so zu sehen: Jemand, dessen Leben sich dem Ende neigt, ist noch genauso wie immer. Es gab und gibt bei diesem Menschen nur ein Thema: Ich, ich, ich. Zudem ist er zutiefst eifersüchtig, jedem anderen geht es besser als ihm, jeder andere hat mehr. Sein ganzes Sein drehte sich nur um haben, haben, haben. Sogar jetzt, wo er weiß, dass seine Zeit abläuft, kann er nicht anders; doch vielleicht will er auch nichts ändern.

Momentan hat der Captain auch viel Stress auf der Arbeit, es kommt viel Neues auf ihn zu, das bewältigt werden muss. Wenn er abends nach Hause kommt, passiert nicht mehr viel. Wir sitzen zusammen und reden, essen etwas, reden wieder und gehen bald danach ins Bett.

Das Bett ist momentan mein großer Trost, hier bin ich dem Captain ganz nahe, hier spüre ich meine und seine Lebendigkeit. Vielleicht ist es falsch, so zu empfinden. Aber abends aneinandergeschmiegt im Bett unter einer Decke zu liegen, ist wunderbar. Wenn dann seine Hände ganz langsam auf Wanderschaft gehen und meinen Körper erkunden, den sie eigentlich schon so gut kennen, fühle ich mich glücklich. Wenn er dann an meinem Ohr knabbert, seine Zunge in meine Ohrmuschel schiebt, hinein haucht und leicht in mein Ohr beißt, werde ich schier wahnsinnig.  Wenn er dann in Löffelstellung hinter mir liegt, an meinem Hals und Nacken knabbert, seinen steifen Penis ganz langsam und tief in mich hineinschiebt, ist das Glück vollkommen. Dann liegen wir keuchend zusammen und alles Belastende fällt von uns ab, es gibt nur noch uns zwei.

Gestern Abend war es auch so. Als wir danach erschöpft nebeneinander lagen, hatte der Captain noch seinen Penis in mir drinnen. So lagen wir noch viele Minuten nebeneinander und doch verbunden. Schade, dass wir so nicht die ganze Nacht zusammenliegen können. 

0 Kommentare:

Post a Comment